In der Fokusgruppe hat sich das Thema "Augenhöhe" als ein sehr emotionales und wichtiges Thema für die Zusammenarbeit in Verkündigungsteams herausgestellt. Eine Projektgruppe hat sich daher intensiv damit beschäftigt und stellt hier ihre Überlegungen zur Verfügung.

Augenhöhe im Verkündigungsteam

Augenhöhe als Wert

Beratungsabend. Eine Skalierung am Anfang. „Stellen Sie sich zu folgender Frage auf. O% keine Zustimmung - 100% volle Zustimmung: „Wir wollen im Team auf Augenhöhe zusammenarbeiten.“ Geschlossen nähert sich die Gruppe der 100%. Ein paar bleiben bei 70% stehen. Auf Nachfrage wird deutlich, dass es da ja schon Unterschiede gäbe.

Als Wert ist Augenhöhe in der EKHN fest verankert. Die Praxis sieht aber leider oftmals anders aus. In der „Fokusgruppe Verkündigungsteam“ waren die Pfarrpersonen immer wieder erstaunt und erschrocken, wenn Gemeindepädagog:innen und Kirchenmusiker:innen von Ihren Erfahrungen erzählten. Wie sie in Konflikten klein gemacht und übergangen wurden.

Augenhöhe als Wert ist ein Anfang. Der nächsten Schritt ist es, eine konsequente verlässliche Haltung zu entwickeln, die sich im Alltag als handlungsleitend erweist. Ein Schlüsselfaktor dabei ist, gegenseitige echte Wertschätzung zu entwickeln.

Schlüsselfaktor 1: echte Wertschätzung

In 1 Kor 12 beschreibt Paulus die christliche Gemeinde als Leib Christi. So wie jeder Körperteil das seine dazu beiträgt, dass es dem Leib gut geht, trägt jede Person in der christlichen Gemeinde dazu bei, dass Christus in der Welt eine Gestalt hat. Den Kopf lässt Paulus in seiner Metapher absichtlich frei, und betont damit, dass es unter den Gliedern keine Rangfolge gibt.

In 1 Kor 12,28ff zählt er Rollen auf, die es in den ersten christlichen Gemeinden gab und Generationen von Theologen sind daran gescheitert hier eine Reihenfolge oder Hierarchie zu erkennen. Im Gegenteil. Die Botschaft lautet: Jede Kompetenz ist wertvoll.

Echte Wertschätzung setzt Kenntnis voraus. Vertieftes Kennenlernen ist deshalb ein unverzichtbarer Baustein in der Teamentwicklung. Was macht Dir Freude in der Arbeit? Warum bist Du Gemeindepädagog:in geworden? Was gibt Dir Kraft dich jede Woche neu deinen Aufgaben zu stellen? Bei welchem Bibeltext geht Dir das Herz auf? Was kannst Du besonders gut? Mit welchen Sätzen kann man dich jagen?

Gezielt kann man auch gemeinsame Projekte durchführen und dabei die Kompetenzen des oder der anderen erleben. Augenhöhe als Haltung kann dabei bewusst eingeübt werden. Echte Wertschätzung kann wachsen und zeigt sich in einem konsequenten wertschätzenden Verhalten.

Vertieftes Kennenlernen meint, sich über Motivationen, Werte, Grundhaltungen, Vorlieben und Abneigungen auszutauschen, um die Unterschiedlichkeit der Kompetenzen zu wissen und sie zu schätzen. So abgedroschen der Satz ist: „Ich bin O.K. - du bist O.K.“, gibt er doch auf diesem Weg die Haltung vor.

Schlüsselfaktor 2: Psychologische Sicherheit

Denn nur wenn sich Personen in einem Team sicher fühlen, können sie sich öffnen und in das Team einbringen. In der Forschung nennt man das Psychologische Sicherheit (Googeln Sie einfach mal diesen Begriff, evtl. um den Namen Amy Edmondson ergänzt). Gemeint ist damit nicht permanentes Gruppenkuscheln, sondern die Sicherheit, dass ich ohne Gefahr meine Meinung sagen kann, ehrliches Feedback möglich ist und auch Fehler gemacht werden können. Wo psychologische Sicherheit herrscht, können Konflikte offen und fair ausgetragen werden. Es entsteht eine positive Teamkultur, die Entwicklung und Lernen ermöglicht. In psychologischer Sicherheit wird ein Team kreativer, wirksamer und letztlich erfolgreicher. In so einem Team arbeiten Menschen gerne.

Augenhöhe, echte Wertschätzung und psychologischen Sicherheit stehen dabei in Wechselwirkung. Wird Augenhöhe gelebt, entsteht Sicherheit. Ist Sicherheit vorhanden, kann ich mich öffnen, gegenseitige Wertschätzung wächst und Augenhöhe erhält wiederum eine gute Grundlage.

Im Verkündigungsteam arbeiten drei Professionen zusammen, die sonst häufig und nicht zwingend gemeinsam im Team gearbeitet haben. Das Thema „Augenhöhe“ ist deshalb besonders wichtig. Von Beginn an sollte geklärt sein, dass alle Mitglieder eines Teams oder einer Organisation auf gleicher Ebene stehen und gleichberechtigt sind. Es wird auf offene Kommunikation, Kooperation und Transparenz gesetzt, um gemeinsam Entscheidungen zu treffen und eventuelle Probleme zu lösen. Hier steht die gemeinsame Zielerreichung im Vordergrund und nicht die Autorität einzelner Personen. Regelmäßig stattfindende Dienstbesprechungen, an denen alle Mitglieder des Verkündigungsteams teilnehmen, ermöglichen einen guten Austausch und ein gutes Miteinander.

Treffen des Teams - "Dienstbesprechung"

Im Folgenden eine unvollständige Liste als Anregung für Klärungen:

Äußerer Rahmen

  • Turnus und Dauer (Tag, Zeitfenster, ...)

  • Anforderungen an Raum (Stuhlkreis, Tische, Tee & Kaffee? ...)

Vorbereitung der Treffen

  • Wie kommen Themen auf die Tagesordnung?

  • Gibt es im Vorfeld eine Tagesordnung oder wird sie zu Beginn des Treffens gemacht?

  • Wie fließen Informationen? (Telefon? Messenger? E-Mail?)

Sitzungskultur

  • Pingpong – die Wortführer reden, die anderen schweigen?

  • Circel: jede:r sagt ihre/seine Meinung zu dem Thema nacheinander?

  • Aufeinander hören?

  • Time Out Zeichen vereinbaren?

  • Pausen

  • Methodenvielfalt (nicht nur reden)?

Mögliche Rollen im Team und in Teamsitzungen

Eine Auswahl zur Anregung, ohne Anspruch auf Vollständigkeit

  • Admin gemeinsamer Kalender; Portal

  • Gastgeber:in

  • Leitung

  • Moderator:in

  • Protokollant:in

  • Sprecher:in gegenüber Dekanat und/oder Leitungsorgan

  • Teilnehmende:r

  • Visualisierer:in

  • Vorsitzende:r

  • Zeitwächter:in

Dauerhaft oder rotierend?

Es födert Augenhöhe, wenn Rollen im Team für einen festgelegten Zeitraum (von einmalig bis ein/zwei/drei Jahre) wahrgenommen und dann gewechselt werden. Zu beachten sind dabei unterschiedliche Stellenanteile. Für die Effizienz ist manchmal besser, wenn Rollen gabenorientiert fest vergeben werden.

Gemeindliche Arbeitsstruktur

In den Konzepten und der inhaltlichen Arbeit die Beteiligung mit den verschiedenen Kompetenzen bedenken, mögliche Beispiele:

  1. Wer erstellt den Gottesdienstplan?

  2. Wer sucht die Lieder für den Gottesdienst aus?

  3. Wer nimmt am Konfitag teil?

  4. Bei Kinderbibeltag, Konzert, Bibelkreis u. ä.: wer wird im Vorfeld und am Tag der Veranstaltung noch als Nebenberufler:in / Ehrenamtler:in mit eingebunden (Ressourcenverteilung, Gabenorientierung...)?

Spezialfall Abhängigkeiten

Wie wird mit Abhängigkeiten im Team umgegangen? Wenn z.B. die stellvertretende Dekanin im Verkündigunsteam ist und Vorgesetzte des/der Gemeindepädagog:in im gleichen Team ist?


Weiterführende und erklärende Texte und Information finden Sie beim Zentrum für Verkündigung.

Die Verkündigung des Evangeliums geschieht öffentlich. Deshalb sollte das Verkündigungsteam von Beginn an als Team von gleichberechtigten Mitgliedern ebenso öffentlich sichtbar werden.

Gemeinsame Einführung im Gottesdienst

Eine gute Gelegenheit dazu ist die Einführung des Verkündigungsteams in einem Festgottesdienst, der mit dem gesamten NBR gefeiert wird. (Arbeitshilfe des Zentrums Verkündigung)

Durch den gemeinsamen Einzug in den Kirchraum wird die Dienstgruppe als Team sichtbar und wahrgenommen und der Segen Gottes erbeten.

Dabei sollte im Vorfeld bedacht werden, wie sich die Gruppe in der Sitzordnung und in der Aufstellung zeigt:

  • Sitzt man nach den Professionen im Block oder gemischt?

  • Tragen die Pfarrer:innen Ihren Talar als Amtstracht? Oder nur die Personen, die liturgisch im Gottesdienst aktiv sind?

  • Vielleicht denken Sie auch über liturgische Kleidung im Verkündigungsteam nach? [evtl. das in einem anderen Text noch als Grundsatzfrage verankern / evtl. aufs Thema Kleidung ausweiten]

Veränderungen im Team

Ein wertvolles Signal ist es, wenn ein V-Team personelle Veränderungen miteinander öffentlich symbolisiert. Teammitglieder können mit Segen verabschiedet oder neu begrüßt werden.

Regelmäßige Anlässe

Neben diesen punktuellen Gelegenheiten wie die Einführung und die Verabschiedung lohnt es sich zu überlegen, wann es sinnvoll ist, regelmäßig gemeinsam zu erscheinen:

  • bei wichtigen Gottesdiensten des Kirchenjahres, wie die Konfirmation, Reformationstag etc.?

  • oder gibt es vielleicht gemeinsame GoDi im NBR? Jubiläen der Kirche, der Gemeinde?

Die Grundfrage lautet: Wo werden wir sichtbar? Wie werden wir sichtbar?

Öffentlichkeitsarbeit

Gibt es eine entsprechende Darstellung des Teams in der Öffentlichkeit, im Gemeinde- oder Nachbarschaftsraumbrief, auf der Homepage, bei Instagram oder auch nur, wenn z.B. Konfirmandeneltern angeschrieben werden?

Wir empfehlen, dass alle Mitglieder des V-Teams auf jeden Fall über die Homepage erreichbar sind.